Cho Oyu, 8201m (Tibet/Nepal)

Teil 2: Basecamp - Akklimatisation - Gipfelgang - Basecamp

26.9.: Eine Zeltnacht auf 7350m mit H.R. als Nachbarn, da weiß man, was man hat: entweder dialektgeschwängerte Debatten über seine Auslegung des Begriffs „Zelthälfte“, unangeforderte Berichte aus der Zeit, in der er die Alpen erschaffen hat, oder übles Geschnarche – eigentlich kann man die Ohrenstöpsel in seiner Gegenwart nonstop drinlassen. Egal, um halb 1 mal in die Gänge kommen auf meinem Drittel Fläche. Schnee schmelzen, Sachen packen, Schuhe anziehen – alles langsam aber machbar. Scheint nicht so superkalt draußen zu sein. H.R. kriegt die Schuhe von seinem Kindermädchen, d.h. seinem Privatsherpa, angezogen. Natürlich macht der auch sein Frühstück und trägt ihm nachher auch das Sauerstoff-Fläschchen... Gegen halb drei gehen die beiden los. Naja, einen gewissen Altersbonus (er ist 61) sollte ich ihm schon einräumen, aber ich gebe zu, dass meine Tränen wohl recht schnell trocknen würden, wenn er es nicht bis oben schaffen sollte – umgekehrt sicher genauso... Ich schaffe es tatsächlich, um drei marschbereit zu sein. Außer H.R. wollen wir es alle ohne Flaschensauerstoff versuchen. G.H. und H.H. gehen gerade los, ich hinterher. Windstill, sternenklar, wahrscheinlich –20°C. Auf das dunkle gelbe Band zu. Sieht bedrohlich aus, aber das würde ich wenigstens gerne schaffen. Ein Unbeleuchteter zieht vorbei (C.S.) und einer ist noch vor G.H. und H.H. (D.G.). G.P. zieht auch an mir vorbei, sagt aber er wäre nicht so gut drauf. Sie alle arbeiten sich das Band rauf. Dann bin ich dran. Trotz Jümar komme ich ganz schön ins Schnaufen. Wie bei der Eiswand auf 6700m erst links aufwärts queren, dann direkt hoch. Steigeisen auf Fels, aber um 4h58 bin ich tatsächlich oben – wow! Das müssten dann in jedem Fall 7500m sein! Weiter mit Fixseil nach oben, etwa 40° steil. Langsam wird’s hell. Es läuft eigentlich ganz gut. Keine Höhenprobleme, außer natürlich der Kurzatmigkeit. Die anderen verschwinden zwischen den Felsen. Sorgfältig die Fixseile wechseln. Ob ich vielleicht doch ’ne Chance bis ganz oben habe? Bin mittlerweile recht zuversichtlich. Jetzt erst mal Pause am Seilende. Weiter geht’s mit einem Schneehang. Betrieb im oberen Teil. Links der bekannte Gipfelaufbau. In den Pausen geht der Blick hinunter. Kaum zu glauben, dass diese scheinbar unbedeutenden Buckel da unten ausgewachsene Sechstausender sind. Wo latsche ich Flachlandtiroler hier eigentlich rum?